Strafbarkeit wegen versuchten schweren Raubs in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und mit gefährlicher Körperverletzung

Die erzwungene Preisgabe des Versteckes einer noch wegzunehmenden Beute kann einen (versuchten) Raub darstellen.

Im vorliegenden Fall planten die Angeklagten, das Opfer in dessen Wohnung durch Drohung oder Gewalt dazu zu zwingen, den Standort einer Cannabisplantage preiszugeben. Nachdem sie vom Angeklagten K. die Adresse und den Namen des Opfers erhalten hatten, begaben sich die Brüder P. zur Wohnung des Opfers und klingelten. Nachdem das Opfer die Wohnungstür geöffnet hatte, klebten die Brüder ihm den Mund mit Klebeband zu und fesselten es. Als der Betroffene bekräftigte, nichts von der Plantage zu wissen, schlugen die Brüder zudem mehrfach auf ihn ein. Nach einer kurzen telefonischen Besprechung von einem der Brüder und K., in der dieser auch darüber informiert wurde, dass nun andere Maßnahmen notwendig würden, drohte der andere Bruder dem Opfer, ihm mit einer Schere die Finger einzeln abzuschneiden. Aus Todesangst nannte das Opfer den Brüdern eine fiktive Örtlichkeit. Während ein Bruder das Opfer in der Wohnung festhielt, begab sich der andere mit K. auf die Suche nach der Plantage. Während der Suche blieben die Angeklagten im telefonischen Kontakt. Dem Opfer gelang in der Zwischenzeit die Flucht aus der Wohnung, wodurch er die Polizei verständingen konnte.

Alle Angeklagten wurden vom Landgericht Aachen wegen Geiselnahme in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Der Angeklagte K. ging daraufhin in Revision. Der Bundesgerichtshof bewertete die Tat als versuchten schwerer Raub in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und mit gefährlicher Körperverletzung. Ein versuchter Raub liegt vor, da die mittäterschaftlich handelnden Angeklagten, das Opfer gefesselt, geschlagen und bedroht hatten, um die spätere Wegnahme der auf der Plantage erwarteten Gegenstände zu ermöglichen. Der erforderliche zeitliche und örtliche Zusammenhang liegt vor, da die Angeklagten während der Suche nach der Plantage im telefonischen Kontakt blieben. Auch der Tatbestand des schweren Raubs nach § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB ist erfüllt, da alle Beteiligten den Einsatz von Klebeband, das ein gefährliches Werkzeug darstellt, gebilligt hatten.

Eine Strafbarkeit wegen Geiselnahme liegt bei K. im Gegensatz zu den Brüdern P. nicht vor, da dafür Absicht im Sinne von zielgerichteten Handelns bezüglich der Drohung, dem Opfer die Finger abzuschneiden gegeben sein müsste. K hatte diesbezüglich allerdings nur bedingten Vorsatz. Ungeachtet dessen sind bei allen Angeklagten die Strafbarkeitsvoraussetzungen des erpresserischen Menschenraubs erfüllt.
 
BGH, Urteil BGH 2 StR 254 18 vom 27.11.2018
Normen: § 22 StGB; § 23 Abs. 1 StGB; § 239a StGB; § 223 StGB; § 224 StGB § 249 StGB
[bns]
 
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