Bundesverfassungsgericht zur Reichweite der Meinungsfreiheit

Die Meinungsfreiheit umfasst auch die Kritik an einem bereits abgeschlossenen Strafverfahren.

Im vorliegenden Fall war ein Rechtsanwalt der Verteidiger in einem Strafverfahren, das in zweiter Instanz auf Kosten der Staatskasse eingestellt wurde. In einem Beschwerdebrief kritisierte er die lange Bearbeitungszeit seines Kostenfestsetzungsantrags. Er bemängelte in dem Schreiben zudem die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht, die er als „Musikantenstadl“ bezeichnete. Dem zuständigen Richter warf er dabei fehlende Eigenargumentation vor.

Das Amtsgericht Gera verurteilte den Rechtsanwalt wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 15 Tagessätzen zu je 30 Euro. Das Landgericht Gera nahm die Berufung des Anwalts nicht zur Entscheidung an. Der Rechtsanwalt legte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein.

Das BVerfG kam zu der Überzeugung, dass die vorinstanzlichen Entscheidungen der Gerichte den Rechtsanwalt in seinem Recht auf Meinungsfreiheit verletzen. Das Amtsgericht verkenne die Reichweite der Meinungsfreiheit, die auch die Kritik an bereits abgeschlossenen Strafverfahren umfasst. Außerdem hätte das Amtsgericht bei seiner Entscheidung ausreichend berücksichtigen müssen, dass die Äußerung nicht öffentlich erfolgt war. Die Sache wurde zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Gera zurückverwiesen.
 
BVerfG, Urteil BVerfG 1 BvR 180 17 vom 06.06.2017
Normen: § 185 StGB
[bns]
 
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