Rechtliche Vaterschaft genießt Vorrang vor der leiblichen Vaterschaft

Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte steht leiblichen Vätern kein Anspruch auf Anerkennung der Vaterschaft zu, wenn das Kind in einer anderen Familie lebt.


Die Kläger aus Berlin und Nordrhein-Westfalen begehrten die rechtliche Anerkennung ihrer Vaterschaft. Der eine war erwiesenermaßen der biologische Vater eines siebenjährigen Mädchen, der andere hegte lediglich den Verdacht der Erzeuger einer Tochter zu sein. Beide ehemaligen Partnerinnen lebten jedoch in Beziehungen mit neuen Partnern, welche die Vaterschaft der jeweiligen Kinder anerkannt hatten. In Deutschland versuchten die Kläger vergeblich die Anerkennung durch die neuen Partner anzufechten, weshalb sie den Gang vor das europäische Gericht antraten. Erfolglos, wie dieses in seinem Urteil feststellte.

Zwar würden die Entscheidungen der deutschen Gerichte einen Eingriff in ihr Privatleben darstellen, jedoch sei eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Familienlebens schon deshalb nicht zu erkennen, weil beide Betroffenen zu keinem Zeitpunkt eine persönliche Bindung zu den Kindern unterhielten. Die deutschen Entscheidungen seien dahingehend auszulegen, dass der bestehenden Familie zwischen den Kindern und den sich regelmäßig kümmernden rechtlichen Vätern Vorrang vor den Interessen der biologischen Väter einzuräumen sei. Sofern es dem Interesse des Kindeswohls dient, müsste die europäischen Mitgliedsstaaten zwar den Umgang des Kindes mit seinem Vater ermöglichen, ein Recht zur Anfechtung der Stellung des rechtlichen Vaters würde sich daraus aber nicht ergeben, weshalb dem Begehren der Kläger nicht zu folgen war.
 
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil EGMR 45071 09 vom 22.03.2012
Normen: Art. 8 i.V.m. 14 EMRK
[bns]
 
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